TSG REUTLINGEN INKLUSIV

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Elias meistert das Leben spielerisch

  21.03.2024    Inklusiv
Riederich/Reutlingen Der 21. März ist weltweit der Tag des Down-Syndroms. Aus diesem Anlass statten wir seit 2009 jährlich Elias Rauscher einen Besuch ab und informieren uns über seine Entwicklung. Von Michael Koch - Bericht und Fotos: Südwestpresse 21.03.2024 -

Krabbelgruppe, Kindergarten, verschiedene Schulen, Schwimmen, Turnen, Fußball oder Musikschule – die Stationen, bei denen die SÜDWEST PRESSE Elias Rauscher schon besucht hat, sind vielfältig. Und sie könnten auch aus der Vita eines 17-Jährigen stammen, der nicht den Gendefekt Trisomie 21 hat. Seit 2009 besuchen wir Elias, inzwischen aus Riederich, anlässlich des Tags des Down-Syndroms regelmäßig, schauen nach und informieren uns über seine Entwicklung und den Alltag eines „Downis“. In diesem Jahr ist er ausgesprochen gut gelaunt, was am Anlass des Treffens liegen mag: Es steht das Fußball-Training in einer kleinen Gruppe unter dem Dach der TSG Reutlingen Inklusiv an. In der Übungsstunde mit Trainer Kim Laudage jagen Jugendliche und junge Erwachsene mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen dem Leder nach. Die körperliche Anstrengung ist keine Selbstverständlichkeit,immerhin hat Elias von Geburt an zwei Löcher in der
Herzscheidewand. Doch dank regelmäßiger kardiologischer Untersuchungen hat Elias grünes Licht für alles, was ihm Spaß
macht. Wie Fußball eben. Das geht zur Not auch auf der Spielkonsole. Elias outet sich per Trikot als Bayern-Fan. Torhüter Manuel Neuer hat es ihm besonders angetan, auch wenn er selbst beim Spielen lieber vorne die Tore schießt. Wie aus dem Effeff kann er die Spieler des FCB aufzählen – woher das Faible für den Rekordmeister kommt, kann Mutter Olivia Rauscher gar nicht genau sagen. Das Wissen jedenfalls stammt von einer Bayern-App, die Elias selbstständig gefunden und installiert hat und nun per Newsletter über die Bayern auf dem Laufenden gehalten wird. Fußball ist zwar schön, aber ein paar ernstere Dinge im Leben gibt es doch noch. Was soll aus Elias werden? Diese Frage treibt seine Eltern eigentlich schon seit Jahren um. Aktuell besucht er das vorletzte Schuljahr Berufsschulstufe der Peter-Rosegger-Schule in Reutlingen. Nicht Fremdsprachen oder Chemie stehen hier auf dem Stundenplan, sondern der Alltag. Wie geht man einkaufen, wie nutzt man den ÖPNV, wie trennt man Müll oder wie versorgt man Tiere? Solche Fragen werden in Praktika, Arbeitsgemeinschaften
oder im Unterricht behandelt und erprobt. Und dann geht es um die Heranführung an den Arbeitsmarkt.Zuletzt hat Elias ein Praktikum bei der Bruderhaus-Diakonie in der Gemüseverarbeitung gemacht. „Interessant“ fand er das,
was laut seiner Mutter so viel bedeutet wie: „Da hab ich keine Lust zu.“ Was Elias Spaß macht, ist
Theater spielen. Hierzu absolviert er im Theater Tonne derzeit
ein Langzeitpraktikum, wird dort gemächlich an die inklusive Theatergruppe herangeführt. Olivia Rauscher könnte sich in diesem Bereich auch die berufliche Zukunft ihres Sohnes vorstellen: ein Teil Theater, ein Teil in einer Werkstatt der Bruderhaus-Diakonie. An ein Unterkommen am regulären ersten Arbeitsmarkt glaubt sie dagegen eher nicht.
Ende des Jahres wird Elias volljährig. Dann hat er große Pläne. Der Führerschein oder eine Reise nach Dubai stünden auf seiner Wunschliste. „Was er will und was er kann, da liegen Welten dazwischen“, bremst seine Mutter.
„Und daran wird sich auch mit 18 nichts ändern.“ Zufrieden wäre sie für den Augenblick schon, wenn Elias für ein paar Stunden alleine zu Hause bleiben könnte. Am Wochenende zum Beispiel, dann müsste er nicht mit zur Familienwanderung,
auf die er, wie fast alle 17-Jährigen, ohnehin keine Lust hat. Aber Elias allein zu Haus – das klappt nicht, noch nicht.
Immer wieder wird Olivia Rauscher von jungen Eltern von kleinen „Downis“ nach ihren Erfahrungen gefragt. Dann resümiert
sie trotz aller Belastungen im Alltag: „Insgesamt handelt es sich um eine angenehme Behinderung.
Und der Umgang damit und natürlich mit dem Kind bereichert jeden Tag unser Leben.“

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